SVSW - Mai 2024
Als selbsteinkellernde Weinbauern akzeptieren wir nicht, dass uns die Eidgenossenschaft als Händler einstuft. Die Definierung eines Weinbauern entspricht absolut nicht der eines Weinhändlers.
Definitionen gemäss verschiedener Lexika:
- Händler: eine Person, die ein Produkt kauft und - im ursprünglichen Zustand oder weiter verarbeitet - verkauft
- Weinbauer: eine Person, die Reben pflegt, Trauben erntet und Wein produziert.
Diese Definitionen zeigen ganz klar, dass es sich um zwei verschiedene Tätigkeiten bzw. Berufe handelt.
Wer kann die Nachverfolgbarkeit besser garantieren als ein Weinbauer? Der gleiche Betrieb pflegt die Rebberge, erntet die Trauben, vinifiziert und verkauft den Wein, unter der Verantwortung der gleichen Person, d.h. des Weinbauern.
In der Praxis ist diese Nachverfolgbarkeit durch Daten garantiert, die der Eidgenossenschaft und dem Kontrollorgan bereits zur Verfügung stehen. Sie kennen die Oberfläche der Parzellen, deren geografische Lage, die Rebsorten und die Anzahl der dort angepflanzten Rebstöcke. Die Kantone tragen die Verantwortung für die Kontrolle der Traubenernte.
Seit 2018 werden die Selbsteinkellerer von der Schweizer Weinhandelskontrolle (SWK) kontrolliert, was sich wie folgt auswirkt:
• Erhöhung der administrativen Belastung wegen den zusätzlich verlangten Dokumenten und Belegen.
• Vervierfachung der Kontrollkosten sowie, zusätzlich, eine jährliche Grundgebühr.
Was verlangen die selbsteinkellernden Weinbauern?
• eine Kontrolle auf der Basis einer vereinfachten Buchhaltung
• eine Fakturierung, die nur die effektiven Kontrollkosten in Rechnung stellt.
Der Unterschied zwischen Produktion und Handel muss in das Landwirtschaftsgesetz (LwG) eingefügt werden, und zwar in Form eines neuen Absatzes im Artikel 64:
Art. 64, Absatz 1a (neu)
Produzenten, die ihre eigenen Trauben verarbeiten, nur ihre eigenen Erzeugnisse verkaufen und die nicht mehr als 10% der im Traubenpass gestatteten und aus der gleichen Produktionsgegend stammenden Traubenmenge kaufen, sind Weinhändlern nicht gleichgestellt.
Sie sind Weinbauern, die ihre Reben pflegen und ihre Trauben verarbeiten. Ihre Traubenernte wird von den kantonalen Behörden kontrolliert; sie sind einer vereinfachten Kellerbuchhaltung unterworfen, die von dem vom Bundesrat designierten Organ kontrolliert wird.
Die Einfügung dieses Unterschiedes in Artikel 64 des Landwirtschaftsgesetzes (LwG) führt zu einer Abänderung von Artikel 34 der Verordnung über den Rebbau und die Einfuhr von Wein
Artikel 34 Kontrollpflicht sowie Befreiung von der Kontrollpflicht, neuer Absatz 2
Produzenten, die ihre eigenen Trauben verarbeiten, nur ihre eigenen Erzeugnisse verkaufen sowie nicht mehr als 10% der im Traubenpass genehmigten und aus der gleichen Produktionsgegend stammenden Traubenmenge kaufen, dürfen eine vereinfachte und vom BLW anerkannte Form von Kellerbuchhaltung anwenden.
Artikel 34b Kellerbuchhaltung, neuer Absatz 3b
Die vereinfachte Kellerbuchhaltung gemäss Artikel 34, Absatz 2 betrifft folgende Dokumente:
a. Traubenpass oder Weinverschnittsrechte.
b. Kellerblatt pro Rebsorte (in Litern).
c. Deklaration der Ernte (VV20 für einige Kantone).
d. Verarbeitungsjournal für jeden Wein.
e. Deklaration der Flaschenabfüllung nach Jahrgang, Sorte und Herkunft.
f. Liste der grossen Verkäufe (offen und in Flaschen) sowie Jahrestotal der Einzelverkäufe.
g. KellerInventar zum Zeitpunkt der Kontrolle.
Als Produzenten-innen bringen wir der Gesellschaft zahlreiche Mehrwerte:
• Qualität und Authentizität: Herstellung von Wein ist unser Handwerk, unsere Leidenschaft, daher bemühen wir uns, ausgezeichnete Produkte herzustellen.
• Transparenz und Nachverfolgbarkeit: Wir kennen unsere Rebsorten, pflegen sorgfältig unsere Rebstöcke, überwachen das Wachstum unserer Trauben, die wir mit Hingabe vinifizieren. Wir kontrollieren die gesamte Produktionskette. Selbst wenn wir Trauben kaufen (max. 10% der zugelassenen Menge), bleiben wir Handwerker, denn wir vinifizieren Trauben so wie ein Bäcker sein Brot mit Mehl herstellt, das er nicht selbst produziert hat.
• Identität des Terroirs: So wie die Bauern und Bäuerinnen unser Land bereichern durch die Bebauung der Felder und dem Vieh auf der Weide, tragen wir zum Unterhalt der Landschaft bei. In vielen Gegenden der Schweiz hat der Weinbau eine lange Tradition: man unterstreicht die Schönheit der Rebberge und benützt die idyllische Gestalt des Weinbauern als Ikone für Empfang und Konvivialität.
• Verantwortung und Nachhaltigkeit: Da wir Qualität der Menge vorziehen, achten wir darauf, die organischen Schätze des Bodens zu bewahren, die Vorräte der Natur sorgfältig zu verwenden und Pestizide möglichst zu vermeiden. Wie alle Bauern und Bäuerinnen hängen wir von den Klimabedingungen ab und sind uns daher bewusst, wie wichtig die Erhaltung der Umwelt und der Biodiversität ist.
• Wirtschaftliche Integration: Durch unser Handwerk als Produzent pflegen wir direkten Kontakt mit unseren Kunden und tragen damit wesentlich zur lokalen wirtschaftlichen Verflechtung bei.
Aus all diesen Gründen muss der spezifische Charakter unseres Berufes in die Gesetzgebung aufgenommen werden. Es geht aber auch um das Weiterbestehen unserer handwerklichen Betriebe, denn zahlreiche kleine Unternehmen finden keine Nachfolger mehr. Der Druck der immer grösseren administrativen Belastung entmutigt die Jugend und führt manchmal zu einer völligen Aufgabe unseres Berufes.
Eine Verringerung der administrativen Belastung würde dazu beitragen, die nächsten Generationen zu ermutigen, die Betriebe zu übernehmen, auf die unsere Regionen und unser Land stolz sind und deren Identität formen.